Heute ist der Tag, ...
Heute ist der Tag, ...
...an dem es mir reicht.
...an dem es mir reicht.
Heute ist der Tag, an dem ich mir meiner Systemirrelevanz derart bewusst werde, dass ich am liebsten irgendwas kaputt hauen will.
Ich bin in dreierlei Hinsicht irrelevant.
Erstens: Als Alleinerziehende mit zwei Kindern, die sich 24/7 im Homeschooling, im täglichen Cateringgewerbe, sich in einer neuartigen Erzieherinausbildung befindet, Spielgefährtin und Sporttherapeutin sein muss und nebenbei Facilitymamagement und Einkäufe übernimmt.
Zweitens: ich bin eine Mutter.
Und Drittens: ich arbeite im HomeOffice für die Kultur in Kurzarbeit.
10 Stunden am Tag. Und versuche, weiteren 80 Systemirrelevanten zu helfen. Höre die Sorgen, die Wut, die Enttäuschungen, die Ängste. Höre die Tränen, weil wir uns ja nicht sehen können.
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Doch wird die Würde der Kulturschaffenden angegriffen, in dem einfach ein kompletter Berufsstand übersehen, links liegen gelassen wird, Rettungssschirme für Kultur werden nicht gespannt, weil wir keinen Wert haben. Wir sind nicht relevant, wir, die seit Ewigkeiten gefordert sind, die Köpfe und Füße der Menschen zu bewegen, die Verbindungen schaffen sollen, aufrütteln wollen, Spaß verbreiten, Inhalte generieren, kritisch hinterfragen, aufmerksam machen auf gesellschaftliche Veränderungen.
Wir, derer sich alle bedienen, zum Feiern, als Status, aus Interesse, aus Notwendigkeit. Wir sollen alle zum Lachen bringen, zum Tanzen, zum Heulen, zum Leben. Wir sollen Kindern und Alte aus der Isolation helfen, inklusiv arbeiten, spartenübergreifend für alle Kreatives entwickeln, nachhaltig, projektbezogen, einzigartig sein, ausbilden, nachbereiten, immer unterstützen, Schulen bereichern, Alltag verschönern, Leben lebenswerter machen, nicht jammern, nicht klagen, Optimismus ausstrahlen, Menschen eine Bühne geben, sie selbstbewusster, sichtbarer, hörbarer machen und wir sollen helfen. Immer.
Jetzt haben Kultureinrichtungen geschlossen. Kultur findet also nicht statt.
Damit finden Kulturschaffende finden nicht statt. Selbstständige in der Kulturszene finden nicht statt. Das kulturelle Leben findet nicht statt. Die Kultur bewegt sich Richtung Abgrund und niemand hält es auf. Hilfemaßnahmen für Soloselbständige und Kulturschaffende beziehen sich auf die Lebenshaltungskosten, unterstützt werden also Vermieter*innen, Supermärkte und Stromanbieter*innen, die Künstler*innen selbst haben keinen Wert. Ihr Wert ist der Politik so viel wert, dass man sie in die Grundsicherung schickt.
Die zuständigen Ministerien versagen, die gewählten Volksvertreter sind untergetaucht. Die Freiwilligkeit der Kultur haut uns jetzt um die Ohren. Was das meint? Kultur ist nicht als Pflichtaufgabe gesetzlich normiert, Kultur geschieht, wenn man sich uns leisten will.
Und das wird jetzt augenscheinlich.
Noch immer sollen wir jetzt aktiv sein, beraten, streamen, Geldspenden einsammeln, um uns selbst zu retten, dabei sollen die Künstler*innen ehrenamtlich auftreten, um weiter zu unterhalten und der Kultur ein Gesicht zu geben, damit wir nicht vergessen werden, später neu bewertet werden können, um Zuschüsse zu bekommen. Vielleicht gibt es dann noch die Einrichtungen, auch die musa wird noch da sein, aber was ist mit unser Füllung?
Was erwarten dann eigentlich alle?
Das wir alle noch da sind, wenn der Shutdown/Lockdown/die Ausgangssperre vorbei ist?
Tine, GF musa